Die internationalen Menschenrechtsorganisationen Amnesty International, Human Rights Watch und Front Line Defenders haben den russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem offenen Brief darum gebeten, eine Antwort auf die Worte des tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrow zu geben. Er hatte gesagt, dass Tschetschenien nach dem Prozess gegen Oyuba Titieva, den Leiter des „Memorial“-Büros in Grosny, zu einem „Sperrgebiet“ für Menschenrechtsaktivisten erklärt wird.
„In den vergangenen zehn Jahren haben die Führung der Republik sowie Ramzan Kadyrow persönlich jedes noch so kleine Aufflackern von Widerspruch unterdrückt und dabei insbesondere Verteidiger von Menschenrechten ins Visier genommen: Die Behörden sprechen direkt oder über Mittelsmänner Drohungen aus, begehen Angriffe und sogar Tötungsdelikte, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden. Es gab Brandanschläge gegen Büros von Menschenrechtsorganisationen“, berichten Menschenrechtsaktivisten.
Sie konstatieren, dass tschetschenische Behörden die Menschenrechte verletzen und illegale Inhaftierungen, Folter und Entführungen zulassen. Die staatlichen Stellen der Republik verhalten sich „äußerst aggressiv“ gegenüber Menschenrechtsaktivisten, die diese Verstöße dokumentieren.
Im Januar wurde Oyuba Titieva wegen Drogenbesitzes verhaftet. Der Menschenrechtsaktivist bezeichnet seinen Fall als fingiert und beharrt darauf, dass die Polizisten, die ihn festgenommen haben, Marihuana in seiner Wohnung deponiert hatten.
Am 22. August wandte sich Kadyrow an die Spetsnaz und sprach von „sogenannten Menschenrechtsverteidigern“, die „aus aller Welt, aus dem ganzen Land anreisen“, um der Verhandlung Titievas beizuwohnen. Die Nowaja Gaseta veröffentlichte eine Abschrift von Kadyrows Rede.
Das Oberhaupt Tschetscheniens glaubt, dass Menschenrechtsverteidiger im Westen den Auftrag erhielten, „sich in Tschetschenien zu engagieren“, um der Republik Schaden zuzufügen.
„Ich erkläre den Menschenrechtsverteidigern offiziell: Nach Ende des Prozesses [wird] Tschetschenien für sie Sperrgebiet sein, ebenso wie für Terroristen und Extremisten. Weil diese „Verteidiger“ in Wahrheit Provokateure sind“, sagte Kadyrov.
In einem offenen Brief bitten Menschenrechtsaktivisten Putin, Kadyrows Worte zu tadeln und ihm nicht zu erlauben, „illegale Drohungen gegen Menschenrechtsaktivisten in die Tat umzusetzen“. Darüber hinaus forderten sie den Präsidenten auf, Oyuba Titieva unverzüglich freizulassen.