Mehr Druck: Russland setzt Gesetz gegen «unerwünschte Organisationen» in Kraft

Russische Behörden können Nichtregierungsorganisationen (NGO) künftig ohne Vorwarnung die Arbeit in Russland verbieten. Dies ermöglicht ein Gesetz über «unerwünschte Organisationen», das jetzt in Russland in Kraft getreten ist und den Druck auf Menschenrechtsgruppen erhöht. Menschenrechtler zeigen sich besorgt, der Westen übt scharfe Kritik.

Russische Behörden können Nichtregierungsorganisationen (NGO) künftig ohne Vorwarnung die Arbeit in Russland verbieten. Dies ermöglicht ein Gesetz über «unerwünschte Organisationen», das jetzt in Russland in Kraft getreten ist und den Druck auf Menschenrechtsgruppen erhöht. Menschenrechtler zeigen sich besorgt, der Westen übt scharfe Kritik.

Scharfe Sanktionen für Zusammenarbeit mit «unerwünschten Organisationen»

Das Gesetz sieht hohe Geldstrafen und sogar bis zu sechs Jahre Gefängnis für Bürger vor, die mit «unerwünschten Organisationen» zusammenarbeiten. Es trat mit der Veröffentlichung am 23.05.2015 in Kraft. Der Generalstaatsanwalt entscheidet in Abstimmung mit dem Außenministerium, welche Gruppen auf die schwarze Liste kommen. Als «unerwünscht» gelten dem Gesetzestext zufolge Organisationen, die die Verfassungsordnung Russlands oder die Sicherheit gefährden. Die Regelung solle «unverschämte Kampagnen» aus dem Westen verhindern, erklärte der Abgeordnete Alexander Tarnawski.  

Menschenrechtler besorgt, aber entschlossen  

Die russische Menschenrechtlerin Ljudmilla Alexejewa von der Moskauer Helsinki Gruppe sagte, sie befürchte, das Gesetz richte sich vor allem gegen Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch (HRW). «Sie kritisieren viel, und das gefällt nicht allen», kommentierte sie. In den Zentralen der Menschenrechtsgruppen in Moskau ist die Stimmung gedrückt, aber weiter entschlossen. «Wegen des neuen Gesetzes wird Amnesty International seine Arbeit nicht ändern», sagte der Russland-Chef der Organisation, Sergej Nikitin, der Agentur Interfax. Tatjana Lokschina von HRW betonte, dass auch ohne das neue Gesetz das Risiko für Menschenrechtler groß sei. Um HRW in Russland zu schließen, brauche es dieses Gesetz nicht. «Das kann das Justizministerium zu jedem beliebigen Zeitpunkt machen», sagte sie.

Heftige Kritik aus dem Westen  

Heftige Kritik kam aus dem Westen. Das US-Außenministerium wertete das Gesetz als Beispiel für die Unterdrückung unabhängiger Stimmen durch die russische Regierung. Die USA seien beunruhigt über die Einschränkungen für unabhängige Medien, die Zivilgesellschaft, Angehörige von Minderheiten und die politische Opposition. Die US-Regierung unterstützt zivilgesellschaftliche Organisationen und Hilfsprogramme in Russland seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion finanziell. Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind wegen der Ukrainekrise auf einem Tiefpunkt. Europarats-Generalsekretär Thorbjørn Jagland forderte eine Erklärung Moskaus, wen das Gesetz betrifft und wie es angewendet werden soll.  

Human Rights Watch: Mehr als 60 NGOs als «ausländische Agenten» abgestempelt  

Bereits 2012 hatte die Staatsduma ein Gesetz verabschiedet, nach dem von außerhalb Russlands finanzierte NGO zu «ausländischen Agenten» erklärt werden können. Nach Darstellung von HRW sind mittlerweile mehr als 60 Organisationen auf diese Weise abgestempelt worden. Viele von ihnen hätten wegen des Stigmas die Arbeit eingestellt. Amnesty kritisiert eine «immer höher steigende Welle der Repressionen» in Russland.

Quelle: Beck-aktuell