Das Menschenrechtsmedienprojekt OVD-Info hat einen Bericht über politische Repressionen zwischen 2011-2014 in Russland vorgelegt, der sich auf politische Verfolgungen von AktivistInnen über das russische Gesetzbuch über Ordnungswidrigkeiten („Administratiwnyje prawonaruschenija“) fokkusiert.
Das Menschenrechtsmedienprojekt OVD-Info hat einen Bericht über politische Repressionen zwischen 2011-2014 in Russland vorgelegt, der sich auf politische Verfolgungen von AktivistInnen über das russische Gesetzbuch über Ordnungswidrigkeiten („Administratiwnyje prawonaruschenija“) fokkusiert.
Die AutorInnen der Studie weisen darauf hin, dass diese Art von staatlicher Strafverfolgung gewöhnlich nicht als eigener politischer Repressionsbestand aufgeführt wird, weder in russischen noch in internationalen Studien. Der Bericht versteht unter einer solchen Verfolgung widerrechtliche Vorwürfe bezüglich Ordnungswidrigkeiten, die dem Druck und der Einschüchterung von AktivistInnen dienen: „Verwaltungsverfahren sind meist ungefährlicher als Strafbestände nach Strafgesetzbuch, wobei dies nicht immer der Fall ist: In manchen Verwaltungsverfahren kann die Strafe höher ausfallen als bei Verfahren nach Strafgesetzbuch.
Dies ist beispielsweise typisch beim angewendeten Verwaltungsverfahren gegen TeilnehmerInnen von öffentlichen Veranstaltungen nach Artikel 20.2 (Verletzung der öffentlichen Ordnung durch Organisation oder Beteiligung an Massenveranstaltungen) und bei Artikel 20.2.2 des Gesetzbuches über Ordnungswidrigkeiten (Zusammenführung von einer großen Anzahl an Bürgern an öffentlichen Plätzen, die zu einer Störung der öffentlichen Ordnung führt).“
Die weit verbreitete Anwendung des Verwaltungsgesetzbuches aus politischen Gründen führt zu einer erheblichen Verringerung von zivilgesellschaftlichem Engagement
Verwaltungsverfahren sind mit zahlreichen Problemen für die Beschuldigten verbunden. Erstens werden die Daten des Beschuldigten in die Datenbank der Polizei eingegeben, was zu einer erhöhten Überwachung durch die Ordnungskräfte führt. Hierdurch ist ein erheblich höheres Risiko für zukünftige Verfolgung vorhanden. Zum Zweiten können Beschuldigungen zu Problemen am Arbeitsplatz oder an der Universität führen.
Die weit verbreitete Anwendung von Verwaltungsverfahren führte in Jahren 2011-2014 zu einer Verringerung von zivilgesellschaftlichem Engagement. Ein letztes Problem für AktivistInnen bei der Anwendung des Gesetzbuches für Ordnungswidrigkeiten bestehen darin, dass – im Gegensatz zu Verfahren nach Strafgesetzbuch – diese weniger für politische Öffentlichkeitsarbeit und damit verbundenen zivilgesellschaftlichen Schutz taugen.
Die AutorInnen der Studie stellen fest, dass es in den letzten drei Jahren eine erhebliche Straffung des Verwaltungsrechtes stattgefunden hat. Dies ist durch die Gesetzesveränderungen durch die Staatsduma nachweisbar. Das Gesetzbuch für Ordnungswidrigkeiten durch weitere Artikel ergänzt, die ursprünglich Teil des Strafgesetzbuches waren. 2012 wurde ein Artikel bezüglich des „gleichzeitigem Aufenthaltes von Menschen im öffentlichen Raum“ eingeführt, 2013 ein Artikel über „Verbreitung von nicht-traditionellen politischen Beziehungen“ (Gesetz gegen Homosexuellen-Propaganda) implementiert. Andere Artikel, wie beispielsweise der zur Begrenzung der Versammlungsfreiheit, wurden mit höherer Bestrafung belegt. Als politisches Druckmittel werden ebenfalls häufig vermeintlich neutrale Gesetzesartikel benutzt, wie beispielsweise der Artikel bezüglich Wiedersetzung gegenüber Polizeigewalt (Artikel 19.3) oder der Artikel bezüglich leichten Rowdytums (Artikel 20.1).
OVD-Info (www.ovdinfo.org) ist ein Menschenrechtsmedienprojekt, das im Dezember 2011 als Reaktion auf die Massenverhaftungen bei den Protestkundgebungen in Moskau gegründet wurde. Die ProjektkoordinatorInnen beschäftigen sich mit dem Monitoring von Menschenrechtsverletzungen, staatlicher Willkür und Zwang gegenüber AktivistInnen durch die Polizei, Gerichte und Strafanstalten.
Der vollständige Bericht in russischer Sprache
Quelle: Infopoint Osteuropa