Der russische Krim-Schauprozess: “Keine Illusionen” über einen Freispruch für Senzow und Koltschenko

Die Beweisaufnahme im russischen Gerichtsverfahren gegen den renommierten Regisseur Oleg Senzow und den Bürgeraktivisten Oleksandr Koltschenko ist jetzt abgeschlossen. Es liegt nichts gegen die Angeklagten vor, jedoch viel Belastungsmaterial gegen den FSB und seine Methoden, dennoch ist ein Freispruch nicht zu erwarten.

Die Beweisaufnahme im russischen Gerichtsverfahren gegen den renommierten Regisseur Oleg Senzow und den Bürgeraktivisten Oleksandr Koltschenko ist jetzt abgeschlossen. Es liegt nichts gegen die Angeklagten vor, jedoch viel Belastungsmaterial gegen den FSB und seine Methoden, dennoch ist ein Freispruch nicht zu erwarten.

Koltschenkos Anwältin Swetlana Sidorkina sagte Radio RFE/RL, dass sie sich keine Illusionen über einen Freispruch macht, denn so etwas sei die Ausnahme von der Regel in Russland. Sie erwartet, dass das Gericht die beiden Männer schuldig spricht, ohne jegliche Änderungen in den Anklagepunkten, auch wenn alle gesammelten Beweise zeigen, dass beide unschuldig sind, was den Anklagepunkt des Terrorismus angeht. Dmitrij Dinse, der Senzow vertritt, stimmt in Bezug auf die Beweise zu und zeigt mit deutlichen Worten, dass er die gleichen Erwartungen an das russische Gericht hat. Er hofft jedoch nach wie vor, dass er erreichen kann, dass der Anklagepunkt der Zugehörigkeit zum “Rechten Sektor” fallengelassen wird, und er weist darauf hin, dass es nicht einen einzigen Zeugen oder sonstige Bestätigung dafür gab, dass der “Rechte Sektor” im Frühjahr 2014 überhaupt auf der Krim aktiv war. Es ist nicht sofort einsichtig, warum dies so wichtig ist. Die Organisation, die in Russland beharrlich dämonisiert wird, ist jetzt in Russland verboten, war aber zum Zeitpunkt der angeblichen “terroristischen Verschwörung” legal. Es gibt keinerlei Beweis dafür, dass Senzow überhaupt jemals Kontakt mit der Organisation gehabt hat, und die antifaschistischen linken Ansichten Koltschenkos machen den Vorwurf seiner Beteiligung in einer rechtsextremen Organisation geradezu absurd.

Alle “Beweise” gegen Senzow und die “Terrorismusanklage” gegen Koltschenko basieren auf Zeugenaussagen, vor allem von zwei anderen Gegnern der russischen Annexion der Krim, die auch im Mai 2014 festgenommenen wurden: Oleksyj Tschirnyj verweigerte vor Gericht die Aussage, verwies jedoch auf seine frühere Aussage, die Teil einer Absprache war, was für ihn die Mindeststrafe von sieben Jahren Haft bedeutete. Am 31. Juli hat Hennadij Afanasjew, der ebenfalls zu sieben Jahren verurteilt worden war, nachdem er mit den Ermittlern ‘’zusammengearbeitet” hatte, die Aussage verweigert und erklärt, dass er seine frühere Aussage, die er unter Zwang abgegeben hatte, zurückzieht. Später erzählte er seinem Anwalt über die Folterungen, die er erlitten hatte, um ihn zu seinem ersten “Geständnis” zu zwingen, und danach vor und nach dem Erscheinen vor Gericht unter Druck gesetzt und bedroht worden war.

Seine Darstellung entspricht derjenigen, die Oleg Senzow von Anfang an durchgehalten hat, und hier beschrieben wird.

Der russische Untersuchungsausschuss (Ermittlungsbehörde) hat es abgelehnt, ein Strafverfahren über Senzows Folter einzuleiten. Er zitierte eine Erklärung des FSB, dass Senzow sich die Verletzungen durch “Vorrichtungen einer sadomasochistischen Natur” selbst beigebracht habe.

Es ist unnötig zu erwähnen, dass es keine Beweise dafür gibt, dass Senzow derartigen Neigungen hat.

Einzelheiten, warum Oleg Senzow und Oleksandr Koltschenko als gewaltlose politische Gefangene angesehen werden müssen, sind hier zu finden: Amnesty International: Erklärung zum Prozess gegen Oleg Senzow und Aleksandr Koltschenko und Erklärung von Memorial zum Prozess gegen Senzow und Koltschenko.

Der nächste Gerichtstermin ist auf den 19. August angesetzt.

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