Systematische Ausschaltung und Diskriminierung des krimtatarischen Medschlis

20 Monate nach der Machtübernahme auf der Krim werden die Krimtataren weiterhin von den Behörden unter Druck gesetzt. Erst gestern veröffentlichte der Präsident des Medschlis, Refat Tschubarow, eine Entscheidung des Gerichts in Simferopol vom 8. Oktober 2015: Er ist in Abwesenheit zu zwei Monaten Haft verurteilt worden, weil er die territoriale Integrität der Russischen Föderation in Frage gestellt habe. Das Urteil soll vollstreckt werden, indem die Ukraine den krimtatarischen Politiker ausliefere. Falls dies nicht passiert, Tschubarow allerdings nach Russland – das heißt faktisch auch auf die Krim-  reise, werde er festgenommen und umgehend inhaftiert. Dazu kommentiert Tschubarow: „Die Russische Föderation hat die Krim besetzt. Als Staatsbürger der Ukraine möchte ich auf legalem Weg diese widerrechtliche Okkupation beenden. Mein diesbezügliches Engagement qualifiziert Russland nun als kriminell.“

20 Monate nach der Machtübernahme auf der Krim werden die Krimtataren weiterhin von den Behörden unter Druck gesetzt. Erst gestern veröffentlichte der Präsident des Medschlis, Refat Tschubarow, eine Entscheidung des Gerichts in Simferopol vom 8. Oktober 2015: Er ist in Abwesenheit zu zwei Monaten Haft verurteilt worden, weil er die territoriale Integrität der Russischen Föderation in Frage gestellt habe. Das Urteil soll vollstreckt werden, indem die Ukraine den krimtatarischen Politiker ausliefere. Falls dies nicht passiert, Tschubarow allerdings nach Russland – das heißt faktisch auch auf die Krim-  reise, werde er festgenommen und umgehend inhaftiert. Dazu kommentiert Tschubarow: „Die Russische Föderation hat die Krim besetzt. Als Staatsbürger der Ukraine möchte ich auf legalem Weg diese widerrechtliche Okkupation beenden. Mein diesbezügliches Engagement qualifiziert Russland nun als kriminell.“

„Die Krimtataren werden als indigene Bewohner der Krim seit der völkerrechtswidrigen Annexion im März 2014 systematisch diskriminiert, ihre politischen Vertreter kriminalisiert, bedroht und schikaniert. Diese absurde „Urteil“ gegen Tschubarow ist nur das aktuellste Ereignis in einer ganzen Kette von Maßnahmen gegen den Medschlis und politisch aktive Krimtataren, die nicht abreißt“, kritisiert Sarah Reinke, Referentin für Osteuropa der GfbV. Die Repressionen haben nun, seitdem krimtatarische Aktivisten die Zugänge von der Ukraine auf die Krim für LKWs blockieren, nochmals zugenommen. Trotzdem ist der Medschlis auf vielen Ebenen aktiv. Erst letzte Woche reiste Refat Tschubarow nach Berlin und Zürich, um über die Zustände auf der Krim zu informieren und Unterstützung  für die Wahrung der Menschenrechte auf der Krim zu finden. „Wir brauchen Europa“, sagte er am Rande der Berliner Veranstaltung, „deswegen nutzen wir alle Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und des politischen Lobbying.“

Die Krimtataren waren jene Bevölkerungsgruppe, die sich am offensten gegen die Annexion wandte. Mehrheitlich boykottierte sie auch das „Referendum“ über die Annexion am 16. März 2014. Zum Boykott hatte der Medschlis, die politische Vertretung der Krimtataren, aufgerufen. Darauf folgen bis heute Repressionen:

Am 19. April 2014 verboten die Krim-Behörden Mustafa Dschemilew, einer der wichtigsten Politiker der Krimtataren, der mehrfach international für sein friedenspolitisches Engagement ausgezeichnet wurde, die Einreise auf die Krim für fünf Jahre. Nur wenig später, am 5. Juli 2014, wurde auch Refat Tschubarow das Recht auf Einreise für fünf Jahre entzogen.

Am 9. August 2014 wurde Ismet Yuksel, Leiter der Nachrichtenagentur Crimean News Agency und Berater des Medschlis, mit einem fünfjährigen Einreiseverbot belegt.

16 bewaffnete Männer führten am 15. September 2014 eine Durchsuchung im Haus des Medschlis-Mitglieds Eskender Bariiev durch und konfiszierten Computer. Nur zwei Tage später, am 17. September 2014, durchsuchten Spezialeinheiten den Sitz des Medschlis in Simferopol. Sie forderten den Medschlis auf, innerhalb von 24 Stunden das Haus zu räumen. Seitdem haben der Medschlis und die von Mustafa Dschemilew geführte Stiftung für die Krimtataren kein eigenes Gebäude mehr.

Am 19. Januar 2015 wurde Emine Avamileva, Rechtsanwältin und Mitglied des Medschlis, über zwei Stunden von Grenzbeamten am Übergang Armjansk festgehalten.

Am 29. Januar 2015 wurde Achtem Chijgoz, der Vizepräsident des Medschlis, inhaftiert. Er ist bis heute in Haft. Ihm wird vorgeworfen, bei einer Demonstration gegen die russische Besatzung am 26. Februar 2014, also vor der Annexion, Unruhe gestiftet zu haben. Ein Vorwurf, den zahlreiche Videos von der Demonstration widerlegen.

Behörden auf der Krim warnten Nariman Dscheljal, erster stellvertretender Leiter des Medschlis, am 15. Mai 2015 davor, zu „ungesetzlichen und extremistischen Aktionen“ aufzurufen. Diese Warnung bezog sich dabei auf den Gedenktag am 18. Mai, bei dem die Krimtataren an die Deportationen ihres Volkes 1944 unter Stalin erinnern. Am Tag selbst durften keine Gedenkveranstaltungen stattfinden. Der krimtatarische Medschlis hatte diese wichtigste und größte Veranstaltung, die schon 2014 verboten worden war, immer durchgeführt.

Am 23. September 2015 verschickte das Ministerium für Innenpolitik und Information an die Medien auf der Krim einen Brief mit der “Empfehlung” das Wort “Medschlis” nicht mehr zu verwenden.

Am 13. Oktober 2015 haben die de-facto-Behörden zum zweiten Mal innerhalb einer Woche über den russischen Sender RIA Novosti verbreiten lassen, dass die Führungskräfte der Krimtataren Kämpfer für den “Islamischen Staat” (ISIS) anwerben würden. Am 9. Oktober hatte Ruslan Balbek, stellvertretender Ministerpräsident der de-facto-Regierung der Krim, behauptet, dass die Führer der Medschlis und besonders Mustafa Dschemilew die radikale Entwicklung von religiösen Sekten auf der Halbinsel fördere, deren militante Ideologie den meisten Krimtataren bisher fremd gewesen sei.

Am 26. Oktober 2015 hat der russische Föderationsrat den Generalstaatsanwalt aufgefordert, den Medschlis oder auch den Krimtataren-Vertreter, auf „Extremismus” zu untersuchen.

gfbv.de