Moskau geht gegen Meinungsforscher vor

Knapp zwei Wochen vor der russischen Parlamentswahl haben die Behörden das angesehene Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum zum "ausländischen Agenten" erklärt. Der Einrichtung droht das Ende.

Die Einstufung als "ausländischer Agent" sei nach einer außerplanmäßigen Kontrolle des Instituts verfügt worden, teilte das Justizministerium in Moskau mit. Konkrete Vorwürfe sind bislang nicht bekannt.

Knapp zwei Wochen vor der russischen Parlamentswahl haben die Behörden das angesehene Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum zum "ausländischen Agenten" erklärt. Der Einrichtung droht das Ende.

Die Einstufung als "ausländischer Agent" sei nach einer außerplanmäßigen Kontrolle des Instituts verfügt worden, teilte das Justizministerium in Moskau mit. Konkrete Vorwürfe sind bislang nicht bekannt.

Lewada gehört zu den renommiertesten Meinungsforschungszentren Russlands. Gegründet wurde das nach dem russischen Soziologen Juri Lewada (1930-2006) benannte Institut bereits 1988 zu Sowjetzeiten.

Lewada will Entscheidung anfechten

Lewada-Direktor Lew Gudkow kündigte an, gegen den Beschluss vorzugehen. Wenn die Entscheidung nicht zurückgenommen werde, bedeute dies das Ende der Tätigkeit des Lewada-Zentrums, sagte er der russischen Agentur Interfax.

"Denn mit so einem Stigma ist es unmöglich, Meinungsumfragen vorzunehmen", betonte Gudkow. Westliche Beobachter warnten in sozialen Netzwerken im Internet vor einem großen Verlust für die wissenschaftliche Analyse der russischen Gesellschaft, sollte das Lewada-Zentrum schließen müssen.

Vizedirektor Alexej Graschdankin sagte, er hoffe, dass sein Institut rasch wieder von der Liste gestrichen werde. "Wir orientieren uns in erster Linie an den innerrussischen Kunden und reduzieren die Verträge mit den ausländischen Klienten", kündigte Graschdankin an. Bei den meisten Erhebungen von Lewada gehe es nicht um politische Themen, sondern um Marketing.

Umstrittenes NGO-Gesetz

Seit 2012 verpflichtet ein umstrittenes Gesetz russische Nichtregierungsorganisationen (NGO), sich als "ausländische Agenten" zu kennzeichnen, wenn sie Geld aus dem Ausland erhalten. Im Mai 2015 trat ein weiteres Gesetz in Kraft, wonach ausländische NGOs als "unerwünscht" erklärt werden können. Inzwischen stehen bereits mehr als 140 NGOs auf der Liste "ausländischer Agenten", unter ihnen viele, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen.

In knapp zwei Wochen wird in Russland die Duma, das Unterhaus des Parlaments, neu gewählt. Es wird ein klarer Sieg der Kremlpartei "Geeintes Russland" erwartet. Ende Juli waren nach einer Umfrage des Lewada-Zentrums allerdings weniger als 50 Prozent der Russen entschlossen, wählen zu gehen.

Ende Juli hatten die Behörden die Wahlbeobachter-Organisation Golos geschlossen. Ihr wurden Verstöße gegen das umstrittene NGO-Gesetz vorgeworfen. Golos hatte es abgelehnt, sich öffentlich als "Agent" zu brandmarken.

Quelle: dw.com