Wie Moskau Ein-Mann-Demos drakonisch bestraft

Ildar Dadin zeigte sich vor der Urteilsverkündung unerschrocken. "Ich bin bereit, ins Gefängnis zu gehen, damit Gesetze eingehalten werden", sagte er Journalisten. Doch mit so einem harten Urteil haben weder er noch seine Anwälte gerechnet. Denn die Schuld des 33-jährigen Aktivisten besteht darin, mehrmals an von Behörden nicht genehmigten Demonstrationen teilgenommen zu haben. Bis jetzt kam man dafür mit einer Geldstrafe oder mehreren Tagen Haft davon. Doch am Montag wurde zum ersten Mal in Russland ein Oppositioneller zu einer dreijährigen Haftstrafe für friedliche Proteste verurteilt.

Ildar Dadin zeigte sich vor der Urteilsverkündung unerschrocken. "Ich bin bereit, ins Gefängnis zu gehen, damit Gesetze eingehalten werden", sagte er Journalisten. Doch mit so einem harten Urteil haben weder er noch seine Anwälte gerechnet. Denn die Schuld des 33-jährigen Aktivisten besteht darin, mehrmals an von Behörden nicht genehmigten Demonstrationen teilgenommen zu haben. Bis jetzt kam man dafür mit einer Geldstrafe oder mehreren Tagen Haft davon. Doch am Montag wurde zum ersten Mal in Russland ein Oppositioneller zu einer dreijährigen Haftstrafe für friedliche Proteste verurteilt.

Mit dem scharfen Urteil wird an Dadin ein Exempel statuiert. Aktivisten, aber vor allem auch normale Bürger, die mit der Opposition sympathisieren, sollen damit von der Teilnahme an Demonstrationen abgeschreckt werden. Nach den Protesten, die in verschiedenen russischen Großstädten vor knapp vier Jahren stattfanden, wurde das Versammlungsrecht in Russland stufenweise verschärft. Strafen für die Teilnahme an den Demonstrationen, die von den Behörden nicht im Vorfeld erlaubt worden sind, wurden bereits 2012 drastisch angehoben. Schließlich trat 2104 ein Gesetz in Kraft, das "wiederholtes Verstoßen" gegen das Versammlungsrecht als eine kriminelle Tat einstuft – mit einer Strafe von bis fünf Jahren Haft. Dadin ist der erste Aktivist, der nach diesem Gesetz verurteilt wird.

Verhaftet und geschlagen für legale Aktionen

Dabei sind für die meisten "Vergehen", die sich Dadin zuschulden kommen ließ, gar keine Strafen vorgesehen. Mehrmals stand er einfach alleine mit Plakaten auf der Straße. Ein-Mann-Demos muss man in Russland nicht im Vorfeld anmelden, trotzdem werden Aktivisten dabei regelmäßig von der Polizei festgenommen.

Außerdem hat Dadin bei einer Aktion vor einem Jahr zusammen mit anderen Oppositionellen kurz eine Straße in der Moskauer Innenstadt gesperrt – es war ein Protest, um die Ukraine zu unterstützen. In der Hand hatte er ein Plakat mit der Aufschrift "Heute Kiew, morgen Moskau". Für alle Demos wurde er bereits zu Ordnungsstrafen verurteilt. Das neue Urteil ist damit laut seinen Anwälten eine doppelte Strafe.

"Bis 2011 wusste ich nicht, dass es in Russland eine Protestbewegung gibt, dass es diese ganze Willkür gibt, von der ich später erfahren habe", berichtete Dadin in einem Interview mit "Open Russia" von seiner späten Politisierung. Bei den Präsidentenwahlen habe er sich dann als Wahlbeobachter angemeldet. Fortan sei er immer wieder zu Protesten gegangen – gegen gefälschte Wahlen, für LGBT-Rechte, gegen politische Gefangene.

Nach einer der Demonstrationen sei er festgenommen und im Polizeibus verprügelt worden. Das schreckte ihn nicht ab, er ging weiter und weiter auf die Straße. "Ich bin der Meinung, dass jeder Bürger am Leben seines Landes teilnehmen muss, man darf nicht einfach vorbeigehen, darf nicht Teil der 'gleichgültigen Bevölkerung' sein", sagte Dadin. Im Gericht und in Interviews unterstrich er immer wieder, dass er ausschließlich für friedliche Aktionen ohne Gewalt sei.

Während des Prozesses beharrte er darauf, unschuldig zu sein. Dadin erinnerte die Richterin daran, dass eine Verurteilung von unschuldigen Menschen eine kriminelle Straftat sei. "Ich bin als freier Mensch geboren. Und wenn kriminelle Staatsangestellte mir den Bruch verfassungswidriger Gesetze vorwerfen, sollen sie das gern tun. Ich werde diese kriminellen Beamte aber zur Verantwortung ziehen", sagte Dadin vor Gericht.

Dadins Verurteilung dürfte nicht die letzte dieser Art gewesen sein. In Moskau laufen derzeit Verfahren gegen drei weitere Aktivisten, die wie Dadin mehrmals an den nicht genehmigten Demos teilgenommen haben. Einer der Angeklagten ist 75 Jahre alt. Für ihn will die Staatsanwaltschaft eine mehrjährige Bewährungsstrafe.

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