Prügel für Protestler — mehr als 1600 Festnahmen

In zwei Tagen tritt Präsident Wladimir Putin seine vierte Amtszeit an. Landesweit demonstrierten mehrere Tausend Menschen gegen den russischen Staatschef — die Sicherheitskräfte reagierten rigoros.

In zwei Tagen tritt Präsident Wladimir Putin seine vierte Amtszeit an. Landesweit demonstrierten mehrere Tausend Menschen gegen den russischen Staatschef — die Sicherheitskräfte reagierten rigoros.

"Wir sind auch Bürger" rufen sie. Und: "Putin ist nicht unser Zar". Am frühen Abend haben es einige Dutzende Demonstranten zurück an den Sockel des Puschkin-Denkmals im Zentrum Moskau geschafft. Sie rollen ein Transparent aus "Russland ohne Putin". Dann kommen wieder schwarz gekleidete Polizisten mit Helmen und Schlagstöcken, im Volksmund Kosmonauten genannt, und zerren einzelne Teilnehmer weg — scheinbar wahllos. 

Bei landesweiten Protesten zwei Tage vor der erneuten Amtseinführung von Russlands Präsident Wladimir Putin nahm die Polizei nach Angaben des Bürgerrechtsportals Owd-Info bis Samstagabend (Stand 22 Uhr Ortszeit) mehr als 1600 Demonstranten fest.

Davon seien allein 703 bei einer nicht genehmigten Kundgebung in Moskau festgesetzt worden, darunter auch Oppositionsführer Alexej Nawalny, der zu den Protesten aufgerufen hatte. Er konnte erstmals kurz auf dem Platz vor dem Puschkin-Denkmal sprechen. Das Innenministerium meldete rund 300 Festnahmen in Moskau.

Ein Großaufgebot von verschiedenen Sicherheitskräften war in der Hauptstadt im Einsatz, ein Hubschrauber kreiste über dem Zentrum. In Sankt Petersburg wurden weitere 233 Demonstranten laut Owd-Info festgenommen, in Toljatti, rund 1000 Kilometer im Südosten von Moskau gelegen, waren es 63 — die Hälfte davon war nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation unter 18 Jahren alt (hier lesen Sie mehr über Owd-Info).

In Tscheljabinsk im Ural wurden 164 Festnahmen gemeldet. In Saratow 840 Kilometer südöstlich von Moskau führten Sicherheitskräfte einen zwölfjährigen Jungen ab. Bilder zeigen, wie das Kind im roten Pullover und blauer Schirmmütze in einen Polizeiwagen gesetzt wird. Wie örtliche Medien berichten, rief er dabei "Schande". Sein Vater holte ihn später ab.

In Sankt Petersburg und Moskau wurden auch Journalisten abgeführt, darunter Mitarbeiter des Kreml-kritischen Senders TV Doschd. Ein Korrespondent des Internetportals MBK.Media des Kremlkritikers Michail Chodorkowski durch Schläge von Polizisten mit Knüppeln verletzt. 

Nawalny hatte im Vorfeld von Putins Wiederamtseinführung zu den Protesten aufgerufen: "Er ist für uns kein Zar" war das Motto dieser Demonstrationen. Putin regiert Russland seit 18 Jahren, am Montag tritt er seine vierte Amtszeit als Präsident an. Mehrere Tausend Menschen beteiligten sich an den Protesten gegen den Staatschef, in rund 90 Städten wurde demonstriert, auch in vielen Orten wie auch Sankt Petersburg, wo die Versammlungen nicht genehmigt worden waren. Die Demonstranten beriefen sich auf ihre Versammlungsfreiheit — ein Recht, das in der Verfassung festgehalten ist, das aber immer wieder in Russland massiv beschnitten wird, wie Menschenrechtler von Amnesty und Human Rights Watch kritisieren.

Bereits im Vorfeld der Proteste am Samstag hatte es Festnahmen von Nawalny-Anhängern gegeben.

"Kosaken", die Demonstranten schlagen

In Moskau war am Samstag im Vergleich zu früheren Demonstrationen auffällig, wie aggressiv die Sicherheitskräfte vorgingen. So griffen sie sich am Puschkin-Platz aus der Menge von hinten einen Mann heraus, obwohl er wie alle zurückwies, nachdem sogenannte Touristen-Polizisten, eine Einheit der Polizei, die an touristisch wichtigen Punkten in der Stadt im Einsatz ist und auch während der Fußball-WM verstärkt sichtbar sein soll, die Demonstranten dazu aufforderte.

Viele zivil gekleidete Sicherheitskräfte mischten sich am Samstag unter die Demonstranten. Am frühen Nachmittag hatten sich bereits zahlreiche Nationalisten am Puschkin-Denkmal versammelt. Sie schwenkten orange-schwarz-gestreifte Fahnen, das sind die Farben des Georgs-Bandes, ein Symbol militärischer Tapferkeit in Russland. Und sie riefen: "Nawalny kommt nicht" und "Hier spielt sich kein Maidan ab".

Zudem marschierten Männer mit "Kosaken"-Uniformen auf. Sie mischten sich unter die Demonstranten, schlugen einige Nawalny-Anhänger nach mehreren übereinstimmenden Augenzeugenberichten. Der 18-jährige Student Maxim etwa sprach von "gezielten Provokationen". Für die Sicherheitskräfte waren sie mehrmals der Vorwand, gegen Nawalny-Anhänger aggressiv durchzugreifen und diese festzunehmen.

Internet- und Telefonverbindungen waren über Stunden im Zentrum von Moskau gestört.

spiegel.de

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