Bericht über Verletzungen des Rechts auf Vereinigungs- und Versammlungssfreiheit Juli 2016

Bericht über Verletzungen des Rechts auf Vereinigungs- und Versammlungssfreiheit Juli 2016

Wahrung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit
 

Bericht über Verletzungen des Rechts auf Vereinigungs- und Versammlungssfreiheit Juli 2016

Wahrung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit
 

Im Juli wurden folgende Organisationen in das Register von „ausländischen Agenten“ eingetragen:
-Die Stiftung „Institut ekonomicheskogo analisa“ (Institut für ökonomische Analyse)
-Die unabhängige Organisation „Swobodnaja slowa“ (Freies Wort)
-Die Jugendsportorganisation „Arktika“ im Altai

Bestraft wurden:
-Die Schule für Ökologie „Tengri“- 150000 Rubel
– Die überregionale Organisation „Mensch und Gesetz“- 150000 Rubel
– Die Organisation für Hochschulabsolventen in der Region Krasnodar (geleitet von Irina Dubrowinzkaja)- 50000 Rubel

Am 19. Juli lehnte Anna Seliwerstowa, Richterin des Moskauer Stadtgerichts, die Verordnung eines Bezirksgerichts ab und beendete damit das administrative Verfahren gegen die Vereinigung „Golos“.

Am 4. Juli wurde das Büro der Partei „Jabloko“ ohne Vorankündigung von Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft, des Justizministeriums und des Innenministeriums überprüft. In der Partei wird vermutet, dass die Überprüfung in Zusammenhang mit den bevorstehenden Dumawahlen stehen.

Drei Mitglieder der Partei „PARNAS“ in Samara wurden zu einem Verhör bei der Polizei vorgeladen. Der stellvertretende Vorsitzende der Partei in Samara, Andrej Balin, soll am 14. Juli von einem regionalen Untersuchungsausschuss befragt werden.

Am 18. Juli beschäftigte sich das Stadtgericht der Stadt Joschkar-Ola mit dem Verdacht der administrativen Rechtsverletzung der überregionalen Organisation „Mensch und Gesetz“. Der Verdacht war von Mitarbeitern der regionalen Abteilung von Roskomnadsor, der russischen Aufsichtsbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz geäußert worden. Anlass der administrativen Verfolgung der ältesten Menschenrechtsorganisation in der Region Marij-El sind drei Publikationen des stellvertretenden Vorsitzenden Sergej Poduzow auf seinem privaten Blog 7×7. Die Strafe beträgt 150000 Rubel.

Die regionale Verwaltung des Justizministeriums in der Oblast Saratow beendete die Überprüfung der „Soldatenmütter“ und ordnete an, die bestehenden Gesetzesverletzungen bis spätestens Januar 2017 zu beseitigen. Nach Berechnung der Leiterin der Organisation in der Region, Lidija Swiridowa, belaufen sich die festgestellten Mängel auf eine Summe von 300000 Rubel, was einer Geldstrafe gleichkommt.

Ein Bezirksgericht in Moskau traf eine Entscheidung über die Liquidierung der Vereinigung „Golos“ wegen grober Verletzung gegen die bestehenden NGO-Gesetze. „Die verwaltungsrechtliche Klage des Justizministeriums wurde in vollem Umfang erfüllt“, so das Gericht bei der Urteilsverkündung. Es wurde betont, dass die Vereinigung „Golos“ neben der Liquidierung auch aus dem Register für juristische Personen ausgeschlossen wird.

Das Gericht der Oblast Orenburg wies zwei Klagen von Vertretern des „Komitees zur Verhütung von Folter“ zurück, die gegen den Erlass, die Organisation und ihren früheren Vorsitzenden zu bestrafen, geklagt hatten.

Wahrung des Rechts auf Versammlungsfreiheit

Festgenommene Aktivisten- mindestens 22

Administrative Fälle- 3

Beschränkung oder Entzug der Freiheit- 7 Tage

Strafe- 10000

 

Am 1. Juli wurden den Teilnehmenden der Bewegung „Ocheredniki Moskvi“, die in der Nähe eines Empfangs der Partei „Edinaja Rossija“ (Einiges Russland) einen Hungerstreik abhielten, vorgeworfen den Artikel über die Ordnung der Abhaltung von Demonstrationen zu verletzen. Bei der Fortführung der Aktion am 4. Juli kam es zur brutalen Verhaftung der Teilnehmenden, sodass diese teilweise bewusstlos waren.

Die Bewährungsstrafe der im Bolotnaja-Fall verurteilten Alexandra Naumova (Duchanina) wurde ein halbes Jahr früher beendet. Dies wurde möglich, da sie bereits einen Großteil ihrer Strafe verbüßt hatte.

Am 4. Juli wurde in Moskau ein weiterer Straßenmusiker wegen „Organisation von massenhaften und gleichzeitigen Aufenthalt und/oder Fortbewegung von Bürgern an öffentlichen Orten“ beschuldigt und zu einer Strafe von 10000 Rubel verurteilt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte veröffentlichte 15 Klagen von Menschen, die zwischen dem 21. 2 und dem 30. 12. 2014 auf öffentlichen Veranstaltungen in Moskau verhaftet wurden. Am 21. 2. wurden nahe eines Bezirksgerichts etwa 200 Menschen festgenommen, die gekommen waren, um die Gefangenen des Bolotnaja-Falles zu unterstützen. An diesem Tag begann die Urteilsverkündung des 8. Falls. Unter den Verhafteten waren zehn Personen, die sich später an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wandten, darunter Pawel Bardin, die Brüder Dmitrij und Aleksej Karelskij, Sergej Parchmenko, Michail Kriger, und Lew Ponomarew. Weitere drei gehörten zu denen, die am 30.12 unter den 255 Personen waren, die bei einer Demonstration zur Unterstützung von Aleksej und Oleg Nawalny am 30.12. 2014 festgenommen wurden.

Am 5. Juli erschienen Mitarbeiter des Geheimdienstes FSB in der Redaktion des Radiosenders „Echo Moskwy“. Grund dafür war die Publikation eines Artikels von Andrej Piontkowskij auf der Webseite des Senders, der angeblich zur Verletzung der territorialen Integrität Russlands, sowie zur Anstiftung von Hass und Feindschaft aufgrund von Nationalität aufruft.

Ein Bezirksgericht in Moskau muss eine Kompensation an vier Basejumper zahlen, die beschuldigt wurden, die Sterne an den Stalinschwestern angemalt zu haben. Jeder von ihnen enthält 90000 Rubel.

Vier Teilnehmer der Aktion „Dachinga“, welche am 3.8.2014 von der Stiftung „Kampf gegen die Korruption“ (FBK) abgehalten wurde, wandten sich mit einer Klage an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Am 3.8. 2014 fuhren die Aktivisten mit Bussen und Autos aus dem Dorf Akulinino, wo der Generaldirektor des Unternehmens „Rostech“, Sergej Tschemezow und der ehemalige Präsident der russischen Eisenbahngesellschaft Wladimir Jakunin wohnen, aber nahe der Einfahrt auf abgesichertes Gelände wurden die Aktivisten von Unbekannten geschlagen. Elf Personen meldeten Körperverletzungen bei der Polizei, allerdings wurde in sechs Fällen die Eröffnung eines Strafverfahrens abgelehnt. Auch die Ermittlungsbehörden und das zuständige Gericht reagierten nicht und stellten sich somit auf Seite der Polizei. So wurde der Übergriff, trotz Videoaufzeichnungen, nicht untersucht.

Das traditionelle RAW-Fest in Moskau, welches vom 9.-10. Juli stattfinden sollte, wurde von den Organisatoren wegen Druck seitens der Behörden abgesagt. „Wir verbrachten einen langen Tag in Gesellschaft der Gesetzeshüter. Uns wurden viele Gründe genannt, warum das Festival nicht stattfinden sollte. Die Behörden versprachen uns und ihnen selbst an jedem möglichen Ort, wohin wir das Festival verlegen wollten, viele Probleme. Alternative Lösungen, außer das Festival abzusagen, gibt es nicht“, hieß es auf der VK- Seite der Veranstaltung.

Der im Bolotnaja-Fall wegen Massenunruhen verurteilte Sergej Kriwow wurde vorzeitig aus der Strafkolonie entlassen, berichtet die Aktivistin Marija Archipowa.

Am 17. Juli wurde in der Malaja Sadowaja Straße in Sankt-Petersburg von einem Einzelnen eine Protestaktion gegen die Antiterror- und Antiextremismusgesetze der Duma Abgeordneten Irina Jarowa durchgeführt. Die Aktion von der Polizei unterbrochen und der Organisator und zugleich einzige Teilnehmer festgenommen.

Das Verfassungsgericht der Russischen Förderation erlaubt, dass die Teilnehmer von Demonstrationen ihren Mund mit Klebeband zukleben, Zeichnungen im Gesicht tragen und Aufkleber kleben. Dies sei Ausdruck der freien Meinungsäußerung, so das Gericht. Gleichzeitig wird daran erinnert, dass das Tragen von Masken, Kapuzenjacken oder anderen Kleidungsstücken, die absichtlich das Gesicht verdecken eine Verletzung der Gesetze ist und strafrechtliche Verfolgung nach sich zieht.

Wasilij Nedopekin, aktiver Teilnehmer an Prostestaktionen in Moskau wurde am 26. Juli von der Polizei in seiner Wohnung verhaftet. Er wurde um 9.30 geweckt und ihm wurde mitgeteilt, dass er einer vorsorglichen Kontrolle unterzogen wird, weswegen er sofort ins Untersuchungsgefängnis fahren soll. Nachdem er das ablehnte nahm ihn die Polizei mit. Im Untersuchungsgefängnis wurde ihm angeboten, dass er „zusammenarbeiten“ könnte. Als er auch das ablehnte, wurde ihm gesagt, dass „das Gespräch nun ein anderes sei“. Ihm wurde eine Vielzahl von Fragen gestellt, unter anderem, für welche Partei oder welche Fußballmannschaft er ist. Danach wurde ihm ein Ausdruck von Artikel 20.2 (über das Verletzen der Regeln beim Abhalten öffentlicher Veranstaltungen) des Ordnungswidrigkeitsgesetzbuchs gezeigt und mit der Eröffnung eines Strafverfahren nach Artikel 212.2 des Strafgesetzbuches gedroht, den er mehrmals verletzt haben soll. Die maximale Strafe dafür beläuft sich auf 5 Jahre Freiheitsentzug.

Verletzung der Menschenrechte auf der Krim

Der Staatsrat auf der Krim rief die „internationale Gemeinschaft“ dazu auf, von der Finanzierung des Medschlis krimtatarischer Nation abzusehen. Die Tätigkeiten des Medschlis sind auf dem Territorium der Russischen Föderation verboten. In der Erklärung heißt es, dass die Mitglieder des Medschlis an „systematischen extremistischen Aktionen“ und der Erstellung bewaffneter Gruppen an der Grenze zu Russischen Förderation beteiligt seien. Der Medschlis nannte die Erklärung ein „leeres Dokument“ welche Grundlage für Verfolgung von Aktivisten der Organisation ist.

 

Politische Emigration

Anfang Juli verließ Nikolaj Solodnikow, Kurator des Projekts „Offenen Bibliothek“, welche in der Majakowskij Bibliothek in Sankt Petersburg monatlich die sogenannten „Dialoge“ abhält, Russland. „Sobald bekannt wird, in welchem Zustand mein Fall von der Abteilung zur Bekämpfung von Terrorismus behandelt wird, bin ich bereit zurückzukehren. Aber nicht um einzusitzen“, so Solodnikow.

Gegen die Publizistin Swetlana Sinkowaja aus der Stadt Usole-Sibirskoe in der Oblast Irkutsk wurde ein Strafverfahren nach Artikel 205.2 des Strafgesetzbuches (Öffentliches Bekenntnis zum Terrorismus oder seine öffentliche Rechtfertigung) eröffnet, weswegen sie im Juli nach Finnland floh.

Der 76-jährige Aktivist Vladimir Ionow erhielt Asyl in der Ukraine. Ionow floh im Dezember 2015 aus Moskau in die Ukraine, nach Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihm.  Im Januar 2016 beantragte er Asyl in Kiew.